Wann
und aus welchen Beweggründen der pensionierte Lehrer Franz Rösler in den 1930er
Jahren des 20. Jahrhundert auf die Idee kam, eine Pumphutfigur schnitzen und
auf dem Pass zwischen Obergurig und Wilthen neben der Waldgaststätte „Jägerhaus“
aufstellen zu lassen, kann man zu Beginn des 21. Jahrhunderts leider nicht mehr
genau rekapitulieren.
Einen
möglichen Erklärungsversuch hat Siegfried Heinrich in der „Sächsischen Zeitung“
vom 30. Juni 1999 in dem Artikel „Wie der Pumphut in die Oberlausitz kam“
gegeben. Doch welche Gedanken und Gründe Franz Rösler letztendlich tatsächlich
dazu bewogen haben mögen, dem Oberlausitzer Hexenmeister, dem Künstler und sich
am alten Böhmischen Steig zwischen Adlerberg und Mönchswalder Berg ein Denkmal
zu errichten, das wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Zu viele Faktoren
können bei der Entscheidungsfindung eine Rolle gespielt haben.
In
keiner mir bekannten Sage gibt es nämlich einen Hinweis darauf, dass der Müllerbursche
Martin Niemetz (auch die Familiennamen Nemetz
oder Njemetz, also der „Deutsche“, werden
verwendet) aus Spohla, später Pumphut genannt, irgendwann einmal durch meine
Heimatstadt Wilthen, beziehungsweise den alten sorbischen Weiler Wjelecin
gezogen ist. Daran ändert auch der löbliche Versuch des Jürgen Spottke nichts,
die „Sagenwelt“ nachträglich durch eine erfundene Geschichte zu bereichern, in
der der Pumphut in Irgersdorf dem Dorfe Wilthen nahe gekommen sein soll.
Franz Rösler – der geistige Vater der
ersten Wilthener Pumphutfigur aus Holz – wurde am 23.11.1871 in Tetschen (Děčín) geboren, verbrachte seine
Kindheit in Sebnitz und besuchte die Realschule in Pirna. Ab 1887 studierte er
am Katholischen Lehrerseminar in Bautzen, um nach seinem erfolgreichen Abschluss
im Jahre 1892 als Hilfslehrer in Reichenau bei Zittau zu arbeiten. Seit dem
Jahre 1896 war er als ständiger Lehrer in Leipzig und ab 1908 als Lehrer,
später als Direktor, an der achtklassigen Katholischen Schule in Schirgiswalde
beschäftigt (die über 90jährige Schwiegermutter des ehemaligen Leiters des
Schirgiswalder Heimatmuseums Johannes Jung hat auch noch bei Franz Rösler
Unterricht gehabt, wie sie mir im Juni des Jahres 2002 erzählte). Im Jahre 1922
war Franz Rösler einer der Initiatoren und Mitbegründer des Heimat- und
Geschichtsvereins in der benachbarten ehemaligen böhmischen Enklave. Die
sehenswerten, aus Holz geschnitzten Wegweiser hat er ebenfalls entworfen, und
auch das Stadtmuseum, welches von Karl Swoboda gegründet wurde, entstand auf
seine Anregung hin. Die innige Verbindung zur Sagenfigur des Pumphut entwickelte
sich wahrscheinlich während seiner Tätigkeit als Pädagoge in der Stadt
Schirgiswalde. Es ist aber auch möglich, dass er bereits im sächsischen
Sebnitz mit der Geschichte des Hexenmeisters der Oberlausitz in Berührung kam.
Auf alle Fälle schreitet seit dem Jahre 1926 eine bändergeschmückte und mit
einem großen Hut bedeckte Figur des Pumphut dem Faschingsumzug in Schirgiswalde
voran.[1] Ob Franz Rösler
der Initiator dieser bunten Figur war? Wahrscheinlich. Im Jahre 1935 zog Franz Rösler nach
Wilthen [2] und verbrachte
seinen wohlverdienten Lebensabend in der Stadt des Weinbrandes, und zwar in der
rechten Hälfte des Hauses auf der Schulstraße, welches heute noch schräg
gegenüber der „alten Schule“ steht (jetzt Hausnummer 36). Franz Röslers Tochter arbeitete
an der Wilthener Schule als Lehrerin.
Franz Rösler |
Am 03.01.1946 starb der Lehrer, Heimatforscher und -dichter Franz Rösler in Wilthen, der uns mehrere Bücher, Schauspiele, Liedertexte, Erzählungen und Zeitungsartikel aus seiner Feder hinterließ, so zum Beispiel:
- „Heimatbuch von Schirgiswalde, Kirschau und Crostau“, Selbstverlag Schirgiswalde,
- „Der Eckensteher“ – Geschichten aus der Lausitz, Verlag Aurora/Dresden-Weinböhla 1919,
- „Grenzgeschichten“ – Erzählungen aus dem sächsisch-böhmischen Grenzgebiete, Druck und Verlag der Oberlausitzer Heimatzeitung, Alwin Marx - Inhaber: Otto Marx Reichenau (Sachsen), z.B. zweite Auflage 1922,
- „Rund ums Zollhaus!“ – Allerlei Erzählungen aus dem sächsisch-böhmischen Grenzgebiete, Druck und Verlag der „Oberlausitzer Heimat-Zeitung“, Alwin Marx (Inhaber: Otto Marx) Reichenau i.Sa., z.B. erste Auflage 1922,
- „Geschichten einer kleinen Republik“,
- „Der böhmische Wenzel“ (Schauspiel),
- „Krach um die Konzession“ (Schauspiel),
- „D’r Schießlrouck“ (Mundart-Erzählung),
- „N‘ Farschter seine Dackel“ (Mundart-Erzählung),
- „Malbuch für Schule und Elternhaus“ (Lehrbuch),
- ein Rechen-Lehrbuch,
- Texte und Melodien zum „Butterwoasserliedl“ und dem „Wilthener Liedl“,
- „Die blaue Lotterie“ (Zeitungsartikel),
- „Die Himmelsmühle zu Wilthen“ in „Unsere Heimat“ (Beilage zum „Sächsischen Erzähler“ vom 10.Januar 1938),
- „Neue Deutung des Ortsnamens Schirgiswalde“ (Zeitungsartikel),
- „Zum Ursprung der Schützenfeste“ (Zeitungsartikel),
- „Geschichte der Adler-Schenke und des Jägerhauses“ (Heimatheft).
Beerdigt wurde Franz Rösler in
Schirgiswalde, wo sein schlichtes Grab direkt westlich des Kirchturmes, mit
Blick auf seine ehemalige Wirkungsstätte, noch heute von jedermann besucht
werden kann.
Im Jahre 1938 muss es dann jedoch soweit gewesen sein – die Idee im Kopf des Franz Rösler war soweit
gereift, dass sie gleichsam unter Geburtswehen ihrer künstlerischen
Verwirklichung zustrebte. Aus Holz musste die Figur gearbeitet werden, so groß
wie ein Mensch sollte sie schon sein und den Charakter des Oberlausitzer
Hexenmeisters möchte sie ausstrahlen. Einen geeigneten Schnitzer, der all diese
Forderungen umsetzen können würde, hatte Franz Rösler schon ausgekundschaftet. Dieser
bekannte Künstler aus dem Rosenhainer Neudorf (heute Rožany), zwischen Sohland/Spree
und Schluckenau (Šluknov) gelegen, von dem auch einige für diese katholische
Gegend typische Weihnachtskrippen im nicht weit entfernten Schirgiswalde
standen und heute noch stehen, hieß Franz Rosche.
|
Jetzt brauchte man nur noch ein geeignetes
Holz. Am besten wäre Linde, weil dieses Material weich ist und sich leicht
bearbeiten lässt. Dass diese Wahl nicht die beste war, werden wir später sehen!
In dem Sägemühlenbesitzer Gustav Hübner aus Nieder-Wilthen fand sich dann auch ein edler Spender. Diese Auskünfte erhielt ich am 11. April 2002 von Rainer
Hübner, dem damaligen Eigentümer der Hübner-Mühle in Wilthen. Sein Vater hatte
ihm erzählt, dass es tatsächlich ein Lindenstamm gewesen sei, den sein Großvater
dem Wilthener Gebirgsverein spendiert hatte. Über zwei Meter lang und circa 6 ½
Zentner schwer soll er gewesen sein! Doch wie sollte man diesen schon ein paar
Jahre auf dem Hübnerschen Mühlengrundstück in Wilthen liegenden, schweren Baumstamm
ins böhmische Rosenhain zu Franz Rosche transportieren? Auch hier fand sich
bald Abhilfe. Der Fuhrunternehmer Albert Hahnewald aus Tautewalde spannte seine Kaltblute vor
den luftbereiften Karren, mit dem er sonst die schweren Steine aus den
um sinen Heimatort gelegenen Granitbrüchen in die Steinschleifereien fuhr, und lieferte den schweren Holzklotz im Rosenhainer Neudörfel bei Franz Rosche ab.
Albert Hahnewald mit seinem Pferdegespann |
Wie lange Franz Rosche insgesamt an der Pumphutfigur gearbeitet hat, war leider nicht mehr in Erfahrung bringen. War er den ganzen Winter 1938/39 über an der mystischen Sagenfigur tätig? Oder hat er den Pumphut erst im Frühjahr/Sommer 1939 gestaltet? Diese Schnitzarbeiten waren in den meisten Fällen ja nur ein Zubrot für die in den wärmeren Jahreszeiten hart in den Steinbrüchen der Oberlausitz arbeitenden Männer. Franz Rosche könnte jedoch aufgrund seiner Kriegsverletzung das ganze Jahr an der Figur gearbeitet haben. [3]
Der fertige Pumphut in Rosenhain (Schnitzer Franz Rosche links, Auftraggeber Franz Rösler rechts) Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Familie Knipping |
Nachdem Franz Rosche den Hexenmeister der
Oberlausitz fertig geschnitzt, farblich gestaltet und lackiert hatte, holte der
Auftraggeber Franz Rösler die Figur des Martin Pumphut und den Schnitzer persönlich mit einem offenen PKW in Rosenhain ab.
Anlieferung der Pumphutfigur auf dem Jägerhauspass |
Das muss vor dem festgelegten feierlichen
Aufstellungstermin am 19. August des Jahres 1939 gewesen sein, da in der
„NS.-Tageszeitung“, Nr. 192, S. 7 vom 18.08.1939 unter der Schlagzeile „Der
‚Pumphut‘ ist da“ folgendes zu lesen war:
„Wilthen.
Der ‚Pumphut‘ auf dem Jägerhause ist fertig zum Aufstellen. Die Enthüllung soll
morgen Sonnabend 16 Uhr vor sich gehen. Die Wilthener laden zu dieser kleinen
Feier ein. Der Künstler, Meister Rosche, wird anwesend sein.“
Da
die Enthüllung erst am Sonnabend, den 19. August, 16 Uhr, vor sich gehen
sollte, aber der Pumphut nach dem o.g. Zeitungsartikel vom 18.08.1939 schon
„fertig zum Aufstellen“ war, muss dieser also spätestens am 17.08. auf dem
Jägerhaus eingetroffen sein (siehe Bild: Anlieferung der Pumphutfigur), sonst
hätte nicht schon am Freitag darüber berichtet werden können.
Franz
Rosche wird in diesem kleinen Artikel als „Künstler“ und „Meister“ bezeichnet.
Es ist also davon auszugehen, dass er aufgrund seiner Popularität und der damit verbundenen guten
Auftragslage keiner weiteren Arbeit zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes
mehr nachgehen musste, und aufgrund seiner Verletzung dies auch gar
nicht mehr gekonnt hätte. Joseph Ruprecht klärt uns in seinem wertvollen Buch „Das nordböhmische
Krippenreich“ auf:
„Franz
Rosche, geb. 24.4.1889 in Rosenhain, war gelernter Steinmetz und hatte in
Reichenberg das Modellieren gelernt. Aus dem Ersten Weltkriege kehrte er mit
einer Armverletzung zurück, die es ihm verwehrte, seinen Beruf weiter
auszuüben. Ab 1919 verlegte er sich hauptberuflich auf das Schnitzen von
Krippenfiguren. Seine Figuren verraten eine Anlehnung an Josef May, aber seine
Arbeiten waren fast alle von seinen Zügen geprägt. Die Figuren waren wie er
selbst untersetzt und zeigten den starken Körperbau und auch den etwas kurzen
Hals. Trotz seiner Hände, die breit und schwer von der harten Arbeit am Stein
gezeichnet waren, hatte er die Fähigkeit, sehr flott zu schnitzen, weshalb
seine Erzeugnisse (er schnitzte übrigens auch zahlreiche Kruzifixe) oft nicht
mit der nötigen Sorgfalt durchgearbeitet waren. Er besaß zweifellos eine große
Fantasie, denn immer wieder wußte er auch neue Figuren zu erfinden oder die alten
abzuwandeln. Rosche hat das unbestrittene Verdienst, die billige und doch gute
Krippenfigur geschaffen und verbreitet zu haben. Er lebte in bescheidenen
Verhältnissen auf dem sogenannten „Rosenhainer Neudorf“ hart an der
Landesgrenze und hatte immer viele Aufträge. Von ihm stammen die große Kirchenkrippe
in Fugau und die Statuen der Hl. Elisabeth in Niederehrenberg sowie ein
kunstvoller Schutzengel mit Kind in der Rosenhainer Kapelle. In seinen späteren
Lebensjahren litt er wie so mancher Schnitzer der Heimat unter zunehmender
Erblindung. Er starb am 10. Juli 1944.“
Auf dem abgebildeten Grabstein (s.u.) ist als Sterbedatum von Franz Rosche allerdings der 6. Juli eingemeißelt. Ich vermute, dass hier eine Verwechslung mit dem Sterbedatum seiner Frau Marie vorliegt. Endgültige Klarheit könnte die Einsicht in das Sterberegister der Kirche in Schluckenau geben.
Das Grab von Franz und Marie Rosche kann man heute noch auf dem Schluckenauer Friedhof besuchen. Es befindet sich in einem sehr guten Zustand, weil eine Bewohnerin des Ortes die Pflege dieser letzten Ruhestätte des Holzkünstlers, der auch den Wilthener Pumphut schnitzte, dankenswerterweise übernommen hat. (siehe auch Amtliches Mitteilungsblatt der Stadträte und des Bürgermeisters der Stadt Schirgiswalde vom 7. Oktober 2005, Seite 22)
Auf dem abgebildeten Grabstein (s.u.) ist als Sterbedatum von Franz Rosche allerdings der 6. Juli eingemeißelt. Ich vermute, dass hier eine Verwechslung mit dem Sterbedatum seiner Frau Marie vorliegt. Endgültige Klarheit könnte die Einsicht in das Sterberegister der Kirche in Schluckenau geben.
Das Grab von Franz und Marie Rosche kann man heute noch auf dem Schluckenauer Friedhof besuchen. Es befindet sich in einem sehr guten Zustand, weil eine Bewohnerin des Ortes die Pflege dieser letzten Ruhestätte des Holzkünstlers, der auch den Wilthener Pumphut schnitzte, dankenswerterweise übernommen hat. (siehe auch Amtliches Mitteilungsblatt der Stadträte und des Bürgermeisters der Stadt Schirgiswalde vom 7. Oktober 2005, Seite 22)
Grab von Franz Rosche
und seiner Frau Marie
In der Figur des ersten Pumphutes steht vor unserem geistigen Auge der
Schnitzer Franz Rosche – ein untersetzter Mann mit starkem Körperbau und einem
etwas zu kurzen Hals! Genau wie Joseph Ruprecht in beschrieben hat.
Am
19. August 1939 war es dann endlich soweit – die lebensgroße Nachbildung des
Hexenmeisters der Oberlausitz und weit über die Grenzen unserer Heimat hinaus
als „Pumphut“ bekannte Sagenfigur wurde am „Jägerhaus“ feierlich der
Öffentlichkeit übergeben.
Aufstellung des Pumphuts am 19. August 1939 |
Einige
Zeitungen des Landkreises Bautzen würdigten diesen Anlass in einigen Artikeln. Meine Recherchen erheben keinen Anspruch auf
Vollständigkeit, stellen aber einen weiteren Versuch dar „in den Brunnen der Vergangenheit
zu tauchen“, um noch mehr Licht in die Geschichte der ersten Pumphutfigur,
welche im Jahre 1939 auf dem Jägerhauspass aufgestellt wurde, zu bringen.
In
den „Bautzener Nachrichten“ (Nr. 175) vom 29.07.1939 berichtete man über die Aufstellung
der Pumphutfigur auf dem Berg zwischen Wilthen und Obergurig vorab auf Seite 5
folgendes:
Die
einzige Unklarheit in diesem Artikel stellt der Hinweis auf einen Heimat-
und/oder Gebirgsverein in Wilthen dar. Gab es im Jahre 1939 oder schon eher in
Wilthen einen Heimat- und/oder Gebirgsverein dessen Mitglied Franz Rösler war?
Weder die von mir befragten älteren Wilthener Einwohner, noch eigene Recherchen
im Bautzener Stadtarchiv und auch nicht die Rücksprachen mit Herrn Dr.Renner
vom Heimatverein Obergurig konnten bis jetzt die aufgeworfene Frage klären. Und
obwohl dieser Umstand für die Aufstellung der Sagenfigur des „Pumphuts“ zu dieser
Zeit und an diesem Ort eigentlich ohne jede Bedeutung ist, gehört die konsequente
Beantwortung auch dieser Frage zur seriösen Pumphutforschung, der sich die
„Freunde des Pumphutes“ nun einmal verschrieben haben.
Im Jahre 2017 erfuhr ich von den Nachfahren von Franz Rösler, dass er den Wilthener Gebirgsverein gegründet hat. Und wieder wurde ein Lücke in der Geschichte geschlossen.
Im Jahre 2017 erfuhr ich von den Nachfahren von Franz Rösler, dass er den Wilthener Gebirgsverein gegründet hat. Und wieder wurde ein Lücke in der Geschichte geschlossen.
Der
Ortschronist Joachim Elsner fand im Februar 2003 im Archiv unserer Stadt die
Einladung zur Aufstellung der Pumphutfigur im Jahre 1939, die folgenden interessanten
Hinweis auf einen Wilthener Gebirgsverein enthielt:
Im
persönlichen Besitz des pensionierten Lehrers Heinz Menzel befindet sich folgende
Karte, die ein weiterer Hinweis auf die Existenz eines Wilthener Gebirgsvereins
ist:
Doch
zurück zur Aufstellung der Figur im Jahre 1939 auf dem Jägerhauspass. In den
„Bautzener Nachrichten“ (Nr. 194) vom 21.08.1939 steht auf Seite 5 folgendes geschrieben:
Wer
zu den edlen Sponsoren der ersten Pumphutfigur zählte, war aufgrund des zeitlichen
Abstandes zum Ereignis von mir zur Zeit ebenfalls nicht mehr lückenlos
nachweisbar.
Die Pumphutfigur auf dem Jägerhauspass war - besonders auf das Drängen der Kinder - zu einem beliebten Ausflugsziel geworden. Eine Einkehr in die Gaststätte „Jägerhaus“ gehörte selbstverständlich auch mit dazu.
Die Kinder von Kurt und Gertrud Mutscher
vor der Pumphutfigur:
Christian, Ursel und Erika (v.l.n.r.)
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung
durch Katrin Wagner, der Tochter von
Christian und Sigried Mutscher.
Im
Jahre 1939 betrieb Kurt Berger, der Onkel von Christa Lehnert, der Mutter der
heutigen Wirtin Andrea Lehnert, die Waldgaststätte „Jägerhaus“. Der Grund und
Boden auf dem das Wirtshaus steht und auf dem die Pumphutfigur aufgestellt wurde,
gehörten damals noch dem Domstift zu Bautzen.
Siegfried
Heinrich schreibt in dem Artikel in der „Sächsischen Zeitung“ vom 30. Juni 1999
„Wie Martin Pumphut in die Oberlausitz kam“:
„Mit
ausgebreiteten Armen und bekleidet mit breitkrempigem Hut, buntem Rock,
Pluderhosen und Stiefeln stand er fortan als Blickpunkt auf seinem Platze,
freundlich nach beiden Seiten wegweisend, aber zugleich auch einladend, die
schöne Gegend zu besuchen.“
Mit
treffenderen Worten kann man diese an der Waldgaststätte „Jägerhaus“ stehende
Figur des Pumphut von damals (und heute) nicht charakterisieren.
Der
aufmerksame Leser und Beobachter wird aber bereits den Unterschied zwischen dem
Text Siegfried Heinrichs und der ersten Pumphutfigur im Vorraum des Wilthener
Fremdenverkehrsamtes bemerkt haben. Im Artikel von Siegfried Heinrich steht geschrieben,
dass der Pumphut „mit ausgebreiteten Armen freundlich nach beiden Seiten
wegweisend“ auf seinem ersten Platz auf dem Jägerhauspass stand. Die Figur im
Vorraum des Heimatmuseums weist aber nur mit einem Arm, nämlich dem rechten,
den Weg; mit dem anderen muss sie sich bereits auf einen Stock stützen, um
nicht vor Altersschwäche umzufallen. Ein Widerspruch? Keineswegs. Auch Hexenmeister
altern eben manchmal schneller als gewöhnlich, wenn sie zur falschen Zeit und
am falschen Ort mit den falschen Personen zusammentreffen. Und so gab es damals
bereits Flegel, Unholde, Vandalen und Bösewichte, die in einer unseligen
Bierlaune (oder war es gar der Wilthener Weinbrand?) an der Holzfigur ihre überschüssigen
Kräfte abreagieren mussten. Da Lindenholz ein weiches Holz ist, welches sich
ausgezeichnet zum Schnitzen eignet, hatten die Randalierer daher leichtes Spiel
mit dem scheinbar Wehrlosen. Der Wilthener Heimatfreund Albert Münnich weiß zu
berichten, dass „Arme, Hut und ein Fuß Pumphuts gänzlich abhanden gekommen,
andere Teile arg zerstört“ waren. [4]
Siegfried Heinrich berichtet von folgenden fehlenden Teilen: „...den Hut, einen
Arm und ein Bein mit dem Stiefel...“ [5]
Auf
der oben abgebildeten Einladungskarte des „Gebirgsvereins Wilthen“ zum Vortrag
„Alt-Wilthen – ‚Der böhmische Steig‘“ zum 21. Juni 1941 im „Jägerhause“ ist das
folgende kleine Gedicht abgedruckt:
„Wie wohl
ein Jeder hat vernommen,
War
Pumphut um den Hut gekommen.
Ein böser
Bub‘, voll List und Tücke,
Zertrümmerte
den Hut in Stücke.
Sechs
Wochen stand der arme Tropf
In Schnee
und Sturm mit kahlem Kopf.
Nun ist
der Schaden wieder gut:
Pumphut
erhielt ‘nen neuen Hut!
Es ladet
hierzu alle ein
Der
Wilthener Gebirgsverein.“
Die
sich im Besitz meines alten Geschichtslehrers Heinz Menzel aus Wilthen befindende
Karte beweist, dass die neben dem „Jägerhaus“ stehende Pumphutfigur auch schon
in den Jahren 1940/41 der Zerstörungswut von Chaoten ausgesetzt gewesen, d.h.
„um den Hut gekommen“ ist.
Dem
Pumphut müssen aber nach dem Zweiten Weltkriege ebenfalls noch massive Verletzungen
zugefügt worden sein, denn ein Foto im Pumphut-Album von Andrea Lehnert,
welches anlässlich der Aufstellung der dritten Figur neben dem „Jägerhaus“ am
30. August 1998 angelegt wurde, zeigt drei Personen im Frühjahr 1945 vor einem
völlig intakten Pumphut.
Im Jahre 1945 vor dem Pumphut
(rechts neben dem Baum ist der
Giebel eines Hexenhauses zu sehen)
Die
eigentlichen Zerstörungen an der Holzplastik, von denen Albert Münnich und
Siegfried Heinrich berichteten, waren anderer Art als die, die auf der o.g.
Karte erwähnt werden und müssen der Figur somit nach dem Kriegsende im Jahre
1945 zugefügt worden sein.
Schabernack am Pumphut
Auf
alle Fälle war der Zustand der einst so lustigen Pumphutfigur nach dem 2.Weltkrieg
mehr als bemitleidenswert. Ironisch könnte man bemerken, dass der Krieg auch an
unserem Pumphut nicht spurlos vorbeigegangen ist. Wie es allerdings seinen
Peinigern erging, davon ist nichts überliefert. Vielleicht ist dieser Hexenmeister
der Oberlausitz gar nicht so ein hilfloser Holzklotz?
Soldaten mit ihren Mädels
am Pumhut
Um
die Figur nicht gänzlich dem Verfalle preiszugeben – auch Wind und Wetter hatten
ihre Spuren hinterlassen – wurde sie vom Jägerhauspass nach Wilthen geholt. In
welchem Jahr das geschah, darüber stritten sich noch bis vor einigen Jahren
nicht nur die Pumphutfreude. Ältere Wilthener wollten genau wissen, dass der Pumphut
in den sechziger Jahren nach „unten“ geholt wurde.
Im
„Bautzener Boten“ vom 03. Juli 1998 stand in der Anzeige „Der Pumphut kehrt
zurück“ u.a. geschrieben:
„Ständige
Verschmutzungen und Beschädigungen sollen den Rat der Stadt Wilthen veranlaßt
haben, im Jahre 1969 den Pumphut in die Nähe des Rathauses zu holen, wo er
weitere Jahre seinen Platz inmitten einer Blumenrabatte fand.“
Der
Heimatfreund Siegfried Heinrich aus Neukirch schrieb in der „Sächsischen Zeitung“
vom 05. Juli 1999 in dem Artikel „Randalierer spielen Pumphut arg mit“ unter
anderem:
„Der
beklagenswerte, ramponierte Zustand der unansehnlich gewordenen Sagengestalt
veranlaßte die Wilthener Einwohner, sie 1956 vom angestammten Platze abzubauen,
zu zerlegen und aus Sicherheitsgründen auf den Bauhof des Ortes zu transportieren.“
Auch
der Wilthener Bürgermeister Knut Vetter versicherte mir im Jahre 1998 anlässlich
einer Beratung glaubhaft, dass die Figur des Pumphuts im Jahre 1956 aufgrund
ihres stark lädierten Zustandes von ihrem Sockel auf dem Jägerhaus abmontiert
und im Bauhof der Gemeinde Wilthen eingelagert worden wäre. Leider konnte auch
er keine Protokolle oder Niederschriften vorlegen, um diesen Umstand beweiskräftig
zu untermauern.
Zur
seriösen Geschichtsforschung (und im besonderen Maße auch zum verlässlichen
Journalismus) gehört es jedoch, dass nur eindeutig belegbare Daten und Fakten
veröffentlicht werden.[6]
Die
letzte Variante der „Pumphutwanderung“ vom Berg ins Tal stammt schließlich vom
Wilthener Heimatfreund Albert Münnich (1903–1980). Er wusste im Heft 7 der
„Bautzener Kulturschau“ vom Jahre 1961 auf Seite 10 folgendes zu berichten:
„1946
erbarmte sich schließlich unser unvergessener Wilthener Heimatfreund Paul
Fritzsche des zertrümmerten Pumphuts droben beim ‚Jägerhaus‘ und holte seine
Überreste ins Tal hinab, um sie im Bauhof der Gemeinde zu bergen. Zehn Jahre später
regten Bautzener Natur- und Heimatfreunde seine erneute Aufstellung an.“
Es
ist schon erstaunlich, wie schnell bestimmte Geschehnisse und vor allem Jahreszahlen
im Laufe weniger Jahre in Vergessenheit geraten. Nach reichlich fünfzig Jahren
war nur noch unter großen Mühen eindeutig in Erfahrung zu bringen, wann die
demolierte Pumphutfigur am „Jägerhaus“ abgebaut wurde.
Dem
Wilthener Heimatfreund Albert Münnich muss aus folgenden triftigen Gründen
recht gegeben werden:
- Albert Münnich kann man mit Fug und Recht als seriösen und engagierten Heimatforscher bezeichnen, der sich um die Geschichte seines Heimatortes Wilthen, obwohl aus Sohland zugezogen, sehr verdient gemacht hat.
- Er nennt im Zusammenhang mit dem Abbau der Pumphutfigur vom Sockel am Jägerhauspass im Jahre 1946 den Namen des Wilthener Heimatfreundes Paul Fritzsche (1900–1954). Falls die Jahresangabe falsch gewesen wäre, hätte Albert Münnich nicht nur sich unglaubwürdig gemacht, sondern einen weiteren in Wilthen sehr bekannten Bürger – Paul Fritzsche war ein Mitbegründer der Wilthener Naturfreunde und der Hauptinitiator zum Bau der Naturfreundehütte auf der Weifaer Höhe – ins falsche Licht gesetzt, ein Risiko, das Albert Münnich als ernsthafter Heimatforscher nie eingegangen wäre. Paul Fritzsche lebte übrigens im Jahre 1956, dem zweiten ins Feld geführten Abbaujahr, ja auch bereits nicht mehr.
- Weiterhin verweist Albert Münnich in dem o.g. Artikel auf die Aktivitäten Bautzener Natur- und Heimatfreunde, die eine erneute Aufstellung der Pumphutfigur „nach zehn Jahren“, also im Jahre 1956, anregten.
- Außerdem war Albert Münnich Mitglied des Arbeitskreises „Das schöne Dorf“, welcher sich unter anderem um die Restaurierung der lädierten Pumphutfigur verdient gemacht hat. Nach dem Protokoll einer Ratssitzung vom 20.09.1956 gehörten neben dem Vorsitzenden Walter Lehmann noch Ernst Kiesslich, Erich Bauch, Johannes Paul, Erich Pötke, Karl Hedrich und Gerhard Liebusch dem Arbeitskreis an.
- Der zeitliche Abstand zum beschriebenen Ereignis im Jahre 1946 war nach 15 Jahren, also im Jahre 1961 als der Artikel von Albert Münnich in der „Bautzener Kulturschau“ erschien, noch wesentlich geringer als in den Jahren 1998/99, als bereits reichlich fünfzig Jahre ins Land gegangen waren, so dass der Abbau der Pumphutfigur auf dem Jägerhauspass und der Abtransport nach Wilthen aufgrund der wesentlich geringeren Zeitdifferenz noch frisch im Gedächtnis der interessierten Menschen verankert waren.
Zusammenfassend
können wir also davon ausgehen, dass es Paul Fritzsche und einige Gehilfen
waren, die im Jahre 1946 die zerstörte Pumphutfigur nach Wilthen herunter
holten und sie im Bauhof der Gemeinde einlagerten.
Dieser
Sachverhalt wurde durch einen weiteren bedeutenden Fund des Wilthener
Ortschronisten Joachim Elsner im Archiv der Stadtverwaltung im November 2002
erhärtet. In den aufgefundenen handschriftlichen Originalaufzeichnungen zur Wilthener
Ortschronik von Erich Bauch aus dem Jahre 1946 steht folgendes geschrieben:
„Juli
1946
Durch
die Bürger und Einwohner Paul Fritsche (Natur- u. Heimatfreund), den Wassermeister
Max Thomas, den Vorarbeiter Alfred Böthig, den Aushilfsangestellten Erich Bauch
und den Arbeiter Max Brade wurde die zerstörte Sagenfigur des ‚Pumphut‘ und das
total zerstörte ‚Hexenhäusel‘ an der Straße schräg gegenüber nahe der
Waldgaststätte ‚Jägerhaus‘ geborgen und im Kellerraum der Turnhalle vorübergehend
sichergestellt (später auf dem Bauhof der Gemeinde in der Fabrikstraße). Diese
lebensgroße Sagenfigur war in den letzten Kriegstagen von bösen Bubenhänden arg
zerstört worden. Arme, Fuß und Hut fehlten gänzlich. Weitere Beschädigungen waren
an der Figur noch zu verzeichnen.“
Soweit
die Notizen des zuletzt im Schwarzwald lebenden Wilthener Ehrenbürgers Erich
Bauch. Wenn diese handschriftlichen Aufzeichnungen von Erich Bauch in Verbindung
mit den Veröffentlichungen Albert Münnichs und anderen Heimatforschern
betrachtet werden, muss man zwangsweise schlussfolgern, dass die von Franz
Rosche im Jahre 1939 geschaffene Holzplastik des Pumphut tatsächlich bereits im
Jahre 1946 vom Jägerhauspass ins Wilthener Tal geholt wurde.
Doch
was geschah nun weiter?
Lange
Zeit passierte erst einmal nichts!
Wie
es mit „Pumphut dem Ersten“ weiterging, erfuhr ich im Jahre 1998 von Bürgermeister
Knut Vetter, der mich zu dieser oben bereits erwähnten Beratung ins Wilthener
Rathaus einlud. Eine Protokollmappe des Arbeitskreises „Das schöne Dorf“ lag
auf dem Tisch des Bürgermeisters und förderte interessante Fakten ans
Tageslicht. Diese Mappe des o.g. Arbeitskreises und weitere Unterlagen habe ich
im Juni 2002 mit Genehmigung des Bürgermeisters Vetter im Rathaus der Stadt
Wilthen einsehen und bestimmte für die Pumphutforschung wichtige Unterlagen
auch kopieren dürfen. Nun zeichnete sich endlich folgendes einheitliches Bild
ab:
- Im August 1957 tagte der Arbeitskreis „Das schöne Dorf“ und beriet über den Kostenvoranschlag des Hans Thuma, eines aus dem Sudetenland (Reichenberg, heute Liberec) stammenden Kunstmalers, der sich angeboten hatte, die Pumphutfigur für 400,00 DM zu restaurieren und umzugestalten. Der Vorschlag wurde aber als undurchführbar abgelehnt, da zur Zeit die finanziellen Mittel fehlten.
- Am 02. Januar 1958 wurde die Restaurierung des Pumphuts in den laufenden Plan des Arbeitskreises „Das schöne Dorf“ aufgenommen. Der neue Standplatz, auf den Jägerhauspass sollte er aus Sicherheitsgründen nicht mehr zurückkehren, war noch nicht endgültig gefunden. Schließlich einigte man sich auf den unglücklich gewählten Aufstellungsort am Thälmannplatz/Ecke Mönchswalder Straße (früher befand sich dort nahebei eine Tankstelle mit einer Tanksäule).
- Vom 05. März 1958 datierte ein Schreiben des Kulturbundes Bautzen an den Jägerhauswirt Kurt Berger, mit der Bitte mitzuteilen, wo die im Jahre 1939 aufgestellte Pumphutfigur abgeblieben sei, da man sie restaurieren lassen wolle. Hatte sich Hans Thuma im Vorfeld bereits mit dem Kreisvorstand des Kulturbundes in Verbindung gesetzt, um den Zuschlag zur Restaurierung und Umgestaltung des Pumphuts zu erhalten, oder wussten die Mitglieder des Bautzener Kulturbundes wirklich nichts über das Verbleiben der Pumphutfigur?
Hans Thuma |
- Wahrscheinlich ist parallel dazu ein Schreiben des Kulturbundes Bautzen an die Gemeinde Wilthen abgegangen, denn am 13. März 1958 (die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen) wurde die Auftragserteilung zur Restaurierung per Beschluss vom Gemeinderat an Hans Thuma vorgenommen.
- Vom 17. März 1958 datierte ein Schreiben der Gemeinde Wilthen an den Kreisvorstand des Kulturbundes der DDR, in dem der Beschluß des Gemeinderates Wilthen vom 13.03.1958 schriftlich mitgeteilt wurde.
- Am 20. März 1958 entstand eine Niederschrift, leider ist nicht bekannt von welcher Behörde erstellt, dass die Entscheidung, den Pumphut nach dem Vorschlag des Hans Thuma mit einem Stock zu restaurieren, gefallen ist und beschlossen wurde.
- In der Sitzung des Arbeitskreises „Das schöne Dorf“ am 17. April 1958 wurde den Mitgliedern der Bericht zur Auftragserteilung mitgeteilt und die Restaurierung und die Aufstellung der Pumphutfigur am Thälmannplatz/Ecke Mönchs-walder Straße in den Maßnahmeplan für 1958 aufgenommen.
- Am 23. Mai 1958 fand eine weitere Diskussion im Arbeitskreis „Das schöne Dorf“ (übrigens ein Vorläufer der späteren Bewegung „Schöner unsere Städte und Gemeinden – mach mit!“) über einen weiteren Standort der restaurierten Pumphutfigur statt, da die Ecke Thälmannplatz/Mönchswalder Straße nicht als die beste Lösung erachtet wurde. Es kam das Grundstück Herzog an der Aue in Nieder-Wilthen zum Vorschlag (links von der ehemaligen DRK-Schule).
- Am 11. September 1958 hat Hans Thuma die Restaurierung und Neugestaltung des Pumphuts mit Stock in der linken Hand beendet.[7] Die Aufstellung sollte jedoch erst im Jahre 1959 erfolgen, um die Farben über den Winter austrocknen zu lassen.
- In der Gemeinderatssitzung vom 25. September 1958 wurde bekanntgegeben, dass der Pumphut erst im Jahre 1959 aufgestellt werden würde.
- Am 02. Februar 1959 holte Werner Näther die Pumphutfigur aus der Trockenkammer des VEB Grobgarnwerke Wilthen, weil diese zum Dorfabend, der ebenfalls für den Monat Februar des Jahres 1959 geplant war, aufgestellt werden sollte.
- Der Arbeitskreis „Das schöne Dorf“ stellte im April 1959 fest, dass der Pumphut auch nicht an der Aue auf dem Grundstück Herzog aufgestellt werden konnte, weil Herr Herzog mit der Aufstellung der Pumphutfigur nicht einverstanden war. Daraufhin fiel der Entschluss, den Pumphut nun endgültig im Monat Mai des Jahres 1959 am Rondell zum Bahnhof (Ecke Bahnhofstraße/Weifaer Straße) aufzustellen.
- Am 28. Mai 1959 wurde in der Gemeinderatssitzung mitgeteilt, dass der Pumphut am 1. Mai 1959 am Rondell zum Bahnhof aufgestellt worden war.[8]
Damit
ist anhand amtlicher Schriftstücke endlich beweiskräftig geklärt, dass die restaurierte
und leicht modifizierte erste Pumphutfigur in Wilthen am 1. Mai des Jahres 1959 wieder
aufgestellt wurde.[9]
Ein
Telefongespräch mit dem ehemaligen Gemeindearbeiter Werner Näther aus Wilthen
am 08.06.2002 ergab folgende weitere Informationen, die ich Ihnen nicht vorenthalten
möchte:
„Der
restaurierte Pumphut wurde nach der Neuaufstellung im Jahre 1959 jedes Jahr vor
Einbruch des Winters vom Sockel am Rondell abgebaut und im Bauhof der Gemeinde
Wilthen auf der Fabrikstraße (heute Firma Hellner) eingelagert, um ihn vor den
Witterungsunbilden in der kalten Jahreszeit zu schützen. Im darauf folgenden
Frühjahr stellten ihn die Gemeindearbeiter dann wieder an der alten Stelle auf.
Helmut Geisler habe in den 1970er Jahren den Auftrag erhalten, die Pumphutfigur
mit Glasflies und einem Kunstharzkleber zu überziehen, um ihn so zusätzlich vor
Wind und Wetter zu schützen. Der Kunstmaler Friedrich Stange aus Wilthen sei
für die anschließende farbliche Gestaltung der Figur verantwortlich gewesen.“
Doch
der Zustand des Hexenmeisters der Oberlausitz verschlechterte sich immer mehr.
Unmittelbar nach der Wende meldete sich auch der damalige Jägerhauswirt beim
Bürgermeister Vetter und verlangte die Herausgabe der Pumphutfigur. Bürgermeister
Knut Vetter lehnte das Ansinnen aber etwa mit folgenden Worten ab:
„...der
Pumphut steht seit dem 1. Mai 1959 am Rondell zum Bahnhof, und seit mehr als 30
Jahren hat sich niemand vom ‚Jägerhaus‘ um die Figur gekümmert. Deshalb bleibt
der Pumphut hier stehen, denn hier möchten ihn die Wilthener auch sehen“.
Die
Forderungen des Andreas Wähle wurden permanent wiederholt und angeblich immer
massiver (sogar die BILD-Zeitung nahm sich des Streites in einem Artikel an),
so dass Bürgermeister Knut Vetter als letzte Rettung die Denkmalsschutzbehörde
des Landkreises Bautzen einschaltete. Diese befand schließlich zu Beginn der 1990er
Jahre, „dass die Figur museal aufzubewahren sei“, also nicht mehr im Freien
aufgestellt werden dürfe und wenn doch, dann nur unter einer entsprechenden –
selbstverständlich durchsichtigen – Schutzhaube, die diese Holzfigur vor den
zerstörerischen Witterungseinflüssen bewahren sollte. Wie das auf dem Jägerhauspass
in freier Natur ausgesehen hätte, bedarf keines weiteren Kommentars. Hier
zeigte sich nun zum zweiten Mal, dass die Wahl von Lindenholz für die Herstellung
der Pumphutfigur nicht die beste war.
Der
Streit zwischen dem Jägerhauswirt und dem Wilthener Bürgermeister war nun bis
auf weiteres beigelegt. Doch es sollte noch besser kommen, denn jetzt mussten
neue Pumphutfiguren her, einer für den Sockel am Rondell zum Wilthener Bahnhof
und einer auf den ersten Standort auf dem Jägerhauspass, denn dieser gehört zur
ursprünglichen Geschichte dieser oberlausitzer Sagenfigur, die auf Betreiben
des ehemaligen Lehrers Franz Rösler im Jahre 1939 neben der Gaststätte
„Jägerhaus“ aufgestellt wurde und seitdem untrennbar mit unserem Ort verbunden
ist.
Der 1. Wilthener Pumphut nach der Restaurierung
(heute zu sehen im Vorraum des Wilthener Fremdenverkehrsamtes)
[1] Quelle: Bautzener Kulturschau,
1968/Heft 2, S. 7 – Erich Heinicke: „Pumphut, der Oberlausitzer Eulenspiegel“.
[2] Quelle: Sächsische Zeitung vom 30. Juni
1999 – Siegfried Heinrich: „Wie der Pumphut in die Oberlausitz kam“.
[3] Ruprecht, Joseph:
Schaffende Heimat – Das nordböhmische Krippenreich, Selbstverlag, 1961.
[4] Quelle: Bautzener Kulturschau Heft
7/1961, S.10 – Albert Münnich: „Pumphuts Wanderung ins Tal“.
[5] Quelle: Sächsische Zeitung vom 05. Juli
1999 – Siegfried Heinrich: „Randalierer spielen Pumphut arg mit“.
[6] Dieses Problem
bedarf einer gesonderten Betrachtung. Heute (eigentlich war es schon zu allen
Zeiten so) ist es Usus, dass den Konsumenten aller Medien Halbwahrheiten und
sogar Unwahrheiten aufgetischt werden. Die Wahrheit wird von manchen Personen
oft, bewusst oder unbewusst, hinter einem undurchsichtigen Schleier von Lügen
und ungenau recherchierten Fakten versteckt. Die Gründe dafür sind vielfältig
(Dummheit, schnelles Geld usw.).
[7] Übrigens
ist dieses neue Gestaltungselement nicht der Instabilität der Figur durch die massiven
Beschädigungen geschuldet, sondern einzig und allein der künstlerischen
Intuition des Hans Thuma.
[8] Quelle: Protokoll
Gemeinderatssitzung vom 28.05.1959 (zu Punkt 2).
[9] Da der 1. Mai in
vielen Ländern als Internationaler Tag der Arbeiterbewegung gefeiert wird,
behaupteten „böse Zungen“ zu DDR-Zeiten, dass man mit Hilfe des Hexenmeisters
Pumphut den Sozialismus in Wilthen und der Oberlausitz schneller würde aufbauen
können.